„Das Zertifikat wiegt uns in falscher Sicherheit“

Veröffentlicht von alexander am

Parteipräsident Marco Bortoluzzi engagiert sich gegen das Covid-Gesetz. Wir haben ihm im Interview neun kritische Fragen dazu gestellt.

Du engagierst dich gegen das Covid-19-Gesetz. Welches ist deiner Meinung nach das wichtigste Argument, welches gegen eine Annahme der Vorlage spricht?

Ein Nein zum Covid-Gesetz ist der erste Schritt zurück zur Normalität ohne eine Zweiklassengesellschaft.

Das Nein-Lager ist auch an Sammelbecken von Personen, die mit den Coronamassnahmen nicht einverstanden sind. Wie stehst du ganz allgemein zu den letzten eineinhalb Jahren?

Wir hatten viel Glück, die Lage blieb angespannt, doch wir haben die Pandemie gut gemeistert. Zahlreiche leere Versprechungen führten jedoch schnell dazu, dass die Glaubwürdigkeit der Massnahmen verloren ging. Dies hat viele Menschen dazu bewogen, sich gegen die Massnahmen zu stellen. Ich erinnere daran wie versprochen wurde, das Zertifikat nicht auszuweiten und heute können wir nicht einmal mehr einen Kaffee trinken ohne.

Im Nein-Lager finden sich, wie bei so vielen Abstimmungen, unterschiedlichste Personen. Von der Anwältin oder dem Chefarzt bis zu jenen Personen, die ernsthaft an krude Theorien glauben und davon ausgehen, dass der Bundesrat nur eine Marionette in einem Spiel der sogenannten Eliten ist. Wo ziehst du in persönlichen Gesprächen die Grenze?

Hier eine Grenze zu ziehen, triebe die Meinungen nur noch weiter auseinander. Ein offenes Ohr und eine sachliche Diskussion helfen hier mehr, als die Verurteilung einer anderen Meinung. Dieser sachliche Dialog wird von wenigen Massnahmenkritkern jedoch mit teils sehr irrationalen Theorien verunmöglicht, was ich missbillige. Auch als Partei versuchen wir stets, sachlich statt emotional zu argumentieren. Wir müssen endlich weg aus dieser Parallelgesellschaft und wieder zueinander finden. Wenn wir alle Stimmbürger, welche Nein stimmen möchten, jetzt in eine Ecke stellen, verlieren wir einen Teil unserer Mitbürger.

Im ersten Anlauf wurde das Covid-19-Gesetz mit 60 Prozent angenommen. Was spricht deiner Meinung nach dafür, dass ganze zehn Prozent der Stimmbevölkerung sich anders entscheiden werden, zumal erste Hochrechnungen auf ein noch deutlicheres Ja schliessen lassen?

Hochrechnungen sind nicht das Resultat. Viele haben sich von der Auseinandersetzung distanziert und werden in dieser Erhebung nicht miteinbezogen. Die erste Abstimmung haben viele aufgrund der damaligen Lage akzeptiert, dort gab es noch keine Zertifikatspflicht. Anfangs hiess es, wir kehren mit der Impfung zur Normalität zurück. Dies ist nicht eingetroffen und spricht für sich.

Sollte das Covid-19-Gesetz am 28. November abgelehnt werden, fällt die Rechtsgrundlage für das Covid-Zertifikat weg. Was dann?

Die Fallzahlen sind bereits vor der Einführung der Zertifikatspflicht rückläufig gewesen. Solange die Kapazitäten in den Spitälern nicht überlasten, benötigen wir keine Verschärfungen, sondern eine Perspektive, mit dem Virus zu koexistieren. Des Weiteren möchte ich anmerken, dass uns das Zertifikat in falscher Sicherheit wiegt; weder Getestete noch Genesene noch Geimpfte können ein Übertragungsrisiko evident ausschliessen.

Wie stehst du zu Massnahmen, um überlastete Spitäler respektive die Überlastung des Spitalpersonals zu verhindern?

Welche Massnahmen? Bund und Kantone haben die Situation durch einen Abbau der Betten nur noch verschärft. Einfach Geld mit der Schaufel zu verteilen, hilft nicht. Die Taskforce hätte hier Führungsstärke beweisen und klare Schritte durchsetzen müssen.

Wieso sollen Massnahmen durchgesetzt werden ohne komplette Schliessungen? Wäre es dann nicht unsolidarisch wenn geimpfte Personen, die sich aus Solidarität zur Impfung entschlossen haben, ebenso in einen Lockdown verdonnert werden wie ungeimpfte Personen?

Wieso sprechen immer alle von einem Lockdown? Die aktuellen Zahlen würden dies nicht rechtfertigen. Ich finde es schön, dass du das Wort «Solidarität» verwendest. In den letzten eineinhalb Jahren war besonders die junge Generation solidarisch. Nun müssen wir uns einem Impfzwang unterwerfen, obwohl bei Jugendlichen die Chancen eines schweren Verlaufes gering sind und das Risiko über mögliche Nebenwirkungen noch offen ist. Wo ist hier die Solidarität?

Am 28. November entscheiden die Stimmbürger, ob das Covid19-Gesetz von Bundesrat und Parlament eine Mehrheit findet oder nicht.

Die politischen Gräben in der Schweiz werden derzeit tiefer, über die Impfung oder auch über das Covid-Gesetz wird auch unter Freunden und in der Familie heftig diskutiert. Ganz gleich, wie die Abstimmung ausgehen wird: Wie können diese Gräben wieder abgebaut werden?

In dem wir nicht noch weitere Gräben durch die Verschärfungen der Covid-Vorlage ziehen. In der Politik wird täglich diskutiert, man kennt sich und findet wieder zusammen. Wir vergessen hier alle Menschen, welche durch eine so drastische Beurteilung des Menschen in «gut» und «böse» aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Egal ob Geimpft oder nicht, Massnahmenbefürworter oder -gegner – wir müssen wieder zusammenfinden und am selben Tisch miteinander sachlich und konstruktiv nach Lösungen suchen.

Dein Tipp für den 28. November?

Wenn das Komitee weiterhin gute Arbeit leistet, denke ich, dass ein Nein realistisch sein kann.

Quelle: Oberthurgauer Nachrichten (Benjamin Gahlinger) / JSVP Thurgau

Kategorien: Allgemein

0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert